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Wald.Wissen
Kurzgefasst

Bestandeseigenschaften beeinflussen eine Vielzahl von Ökosystemdienstleistungen

Abbildung: Das Foto zeigt im Frühjahr in einem noch unbelaubten Wald einen 
auf dem Boden liegenden Totholz-Baumstamm. Der Stamm ist von Moos überwuchert und mit Zunderschwamm-Pilzen bewachsen. Auf dem Waldboden wachsen flache grüne Pflanzen mit weißen Blüten.
#Wald  #Artenvielfalt  #Ökosystemleistungen  

Anhand von insgesamt 150 Waldflächen in drei Regionen Deutschlands konnte ein deutlicher Einfluss verschiedener Bestandeseigenschaften auf Ökosystemdienstleistungen nachgewiesen werden. Eine hohe vertikale Heterogenität, eine hohe Strauchartenvielfalt, ein hoher Nadelholzanteil und ein hoher mittlerer BHD erhöhten dabei im Schnitt einige der betrachteten Ökosystemdienstleistungen. Jedoch wirkte sich jede Bestandeseigenschaft nur auf wenige und z. T. gegensätzlich auf andere Dienstleistungen aus. So erhöhte ein hoher Überschirmungsgrad die Fähigkeit zur Temperaturregulation im Bestand, aber senkte die Fähigkeit zur Schädlingsabwehr und die Holzproduktion. Die Ergebnisse zeigen einen großen Einfluss der Waldbewirtschaftung auf die Ökosystemdienstleistungen und die Notwendigkeit eines Mosaiks unterschiedlicher Bestandeseigenschaften auf der Landschaftsebene zur Bereitstellung vielfältiger Funktionen und Leistungen.

 

Eine multifunktionale Forstwirtschaft soll eine Vielzahl von Ökosystemfunktionen und -leistungen für den Menschen erfüllen. Im Rahmen der Biodiversitäts-Exploratorien wurde daher untersucht:

  • Welchen Einfluss haben Bestandeseigenschaften auf unterschiedliche Ökosystemdienstleistungen?
  • Wo ergeben sich Zielkonflikte bei der Bereitstellung unterschiedlicher Ökosystemdienstleistungen?
  • Welche Bewirtschaftungsmaßnahmen könnten eine Vielfalt unterschiedlicher Dienstleistungen in einem Bestand bereitstellen?

  • 12 waldbaulich steuerbare Bestandeseigenschaften wurden untersucht: mittlerer Brusthöhendurchmesser (BHD), Überschirmungsgrad, Nadelholzanteil, Eichenanteil, vertikale und horizontale Bestandesheterogenität, Artenvielfalt der Baum- und Strauchschicht (Gehölze > 5 m bzw. < 5 m) und die Gleichverteilung der Arten in beiden Schichten, Anteil Buchenverjüngung (< 5 m Höhe) als Maß für das natürliche Regenerationspotential sowie das Totholzvolumen (> 7 cm Durchmesser)
  • Die Ökosystemdienstleistungen folgten den vier Hauptkategorien des Millenium Ecosystem Assessment (https://www.millenniumassessment.org) und wurden durch verschiedene Indikatoren vertreten:
    • Unterstützende Dienstleistungen (= Nährstoffkreislauf): Wurzelzersetzung, der Abbau von Dung, die Vielfalt an Mykorrhiza-Pilzen, Stickstoff- und Phosphorverfügbarkeit im Boden
    • Regulierende Dienstleistungen: Temperatur-Regulation im Bestand, der Kohlenstoffvorrat im Boden und in der Holzbiomasse, der Anteil an Schädlingen (hier Ambrosia-Käfer) im Verhältnis zu ihren Antagonisten als Maß für die Schädlingsabwehr
    • Kulturelle Dienstleistungen: Artenvielfalt essbarer Pilze, die Häufigkeit essbarer Pflanzen (z. B. Bärlauch, Heidelbeeren), das Vorkommen seltener und kulturell wertvoller Pflanzen (z. B. Orchideen-Arten), Vogelartenvielfalt
    • Bereitstellende Dienstleistungen: jährliche Holzproduktion
  • Zusätzlich wurden die Region (Schorfheide-Chorin, Hainich-Dün, Schwäbische Alb), die Hangneigung, die Bodentiefe und der pH-Wert als Einflussfaktoren berücksichtigt.
  • Mit Hilfe von Korrelationsfunktionen wurden die Beziehungen zwischen den Bestandeseigenschaften, Umweltfaktoren und Ökosystemdienstleistungen untersucht.

  • Bestandeseigenschaften allein oder in Kombination mit den betrachteten Umweltfaktoren hatten einen großen Einfluss auf die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen. Dies gilt besonders für den Kohlenstoffvorrat im Holz, die Häufigkeit essbarer Pflanzen, die Holzproduktion, die Vogelartenvielfalt, die Schädlingsabwehr und die Temperaturregulation im Bestand. Prozesse im Boden wurden jedoch stärker durch Umweltfaktoren gesteuert.
  • Im Schnitt erhöhten eine hohe vertikale Heterogenität, eine hohe Strauchartenvielfalt, ein hoher Nadelholzanteil und ein hoher mittlerer BHD die Ökosystemdienstleistungen im Bestand. Jedoch wirkte sich jede Bestandeseigenschaft nur auf wenige, mindestens jedoch auf eine Dienstleistung aus (Abbildung 1).
  • Einige Eigenschaften wirkten dabei gegensätzlich auf verschiedene Dienstleistungen (Abbildung 1). So erhöhte z. B. der Überschirmungsgrad die Fähigkeit zur Temperaturregulation im Bestand und den Kohlenstoffvorrat im Holz, verringerte aber die Fähigkeit zur Schädlingsabwehr, die Zahl essbarer Pflanzen und die Holzproduktion. Ein hoher mittlerer BHD im Bestand erhöhte ebenfalls den Kohlenstoffvorrat im Holz sowie die Vogelartenvielfalt, verringerte jedoch die Holzproduktion.
Abbildung: Das Schaubild zeigt zwölf Diagramme zum Einfluss von Bestandeseigenschaften auf  Ökosystemdienstleistungen. Die grafischen Elemente in den Diagrammen repräsentieren folgende Ökosystemdienstleistungen: Wurzelzersetzung, Dung-Abbau, Phosphor-Verfügbarkeit, Schädlingsabwehr, Temperaturregulierung, Kohlenstoff-Vorrat im Boden, Kohlenstoff-Vorrat im Holz, Holzproduktion, essbare Pilze, essbare Pflanzen, wertvolle Pflanzen, Vogelartenvielfalt. Die Diagramme tragen folgende Titel: Mittlerer Brusthöhendurchmesser, Überschirmung, Nadelholzanteil, Eichenanteil, vertikale Heterogenität, horizontale Heterogenität, Totholzvolumen, Buchenverjüngung, Artenzahl Strauchschicht, Gleichverteilung Strauchschichtarten, Artenzahl Baumschicht, Gleichverteilung Baumschichtarten.
Abbildung 1: Einfluss von Bestandeseigenschaften auf Ökosystemdienstleistungen. Die Abbildungen zeigen die standardisierten Effekte linearer Regressionen. Schattierungen um die Linien zeigen die 95 %-Konfidenzintervalle. Die Sterne zeigen signifikante Einflüsse. Die Anzahl der Sterne zeigt die Stärke der Signifikanz an.

  • Die Waldbewirtschaftung kann durch ihren Einfluss auf die Bestandeseigenschaften erheblich zur Bereitstellung unterschiedlicher Ökosystemdienstleistungen beitragen, die aber häufig nicht innerhalb eines Bestandes zu realisieren sind.
  • Die Ergebnisse zeigen, dass z. B. ein Nebeneinander von unbewirtschafteten Buchenwäldern mit einem hohen Überschirmungsgrad und einem hohen mittleren BHD und bewirtschafteten nadelholz- oder eichendominierten Wäldern bzw. von Buchenwäldern mit Bestandeslücken eine Vielzahl kultureller Dienstleistungen aber auch die Holzproduktion fördern kann.
  • Ein Mosaik unterschiedlicher Waldbewirtschaftungsformen über die Bestandesebene hinaus kann zur Schaffung multifunktionaler Landschaften beitragen.

 


  • Die untersuchten Bestände decken eine große Bandbreite an Standort- und Struktureigenschaften ab, die äußersten Enden dieser Verteilungen (z. B. extrem trockene oder arme Standorte, stark aufgelichtete Bestände oder echte Primärwalder) sind nicht repräsentiert (siehe Methodenpapier)
  • Außerdem konnte kein kontinuierlicher Mischungsgradient von Buche mit Eiche bzw. Nadelholz untersucht werden, so dass positive oder negative Effekte der Eigenschaften Nadelholz- und Eichenanteil vor allem den Dominanzeffekt dieser Baumarten widerspiegeln.
  • Die Untersuchungen berücksichtigten die Kiefer in der Schorfheide-Chorin und die Fichte auf der Schwäbischen Alb und im Hainich-Dün. Dabei war der Einfluss des Nadelholzanteils auf Schädlingsabwehr (positiv), Kohlenstoffvorrat im Holz und die Zahl essbarer Pilze (beide ngativ) durch die Kiefer getrieben, während Dungabbau (negativ) und Holzproduktion (positiv) mit dem Fichtenanteil zusammenhingen. Als Schädlinge wurden dabei nur die Ambrosiakäfer innerhalb der Borkenkäfer (z. B. der Nutzholzborkenkäfer) betrachtet und nicht die Rindenbrüter wie Buchdrucker oder Kupferstecher. Eine generelle Übertragbarkeit auf weitere Nadelholzarten (z. B. Douglasie) bedarf zusätzlicher Untersuchungen.
  • Die Ökosystemdiensleistungen wurden nur stellvertretend beschrieben und beziehen sich insbesondere bei den kulturellen Dienstleistungen auf Expertenwissen und nicht auf Befragungen unterschiedlicher Interessengruppen. Maße wie z. B. die Zahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten wurden nicht betrachtet.

Verwandte Themen: siehe “kurzgefasstSimons et al. (2021)


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