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Abbildung: Das Foto zeigt einen sonnenbeschienenen winterlichen Wald, über dessen Boden sich eine große Fläche von blühenden Buschwindröschen erstreckt.

Genetische Variation ist eine grundlegende Ebene von Biodiversität, die es Arten ermöglicht, sich an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen. So könnte sie möglicherweise die letzte Bastion sein, um das langfristige Fortbestehen von Arten zu sichern, da Ausbreitung und phänotypische Plastizität oft nur eine unzureichende Antwort auf aktuelle Umweltveränderungen darstellen. Allerdings könnte genetische Diversität durch intensive Bewirtschaftung untergraben werden, was diese Säule der Biodiversität bedroht.

Theoretische Ansätze sagen weiter voraus, dass ein Verlust an genetischer Diversität über die Zeit in einem Verlust von Arten resultiert. Die Beziehung zwischen genetischer Vielfalt und Artenvielfalt ist jedoch weiterhin unklar. Während wir ein gutes Verständnis darüber haben, wie sich die Bewirtschaftungsintensität auf die Artenvielfalt in Graslandökosystemen auswirkt, wurde Waldsystemen bislang weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Auch wenn diese Wissenslücke sowohl die Ebene der Arten als auch die der Genetik betrifft, ist sie bei der Letzteren besonders ausgeprägt.

Abbildung: Das Panorama-Foto zeigt in einem schattigen Wald im Frühling eine Reihe belaubter Buchen mit zwei abgestorbenen Nadelbäumen dazwischen. Der Waldboden ist komplett mit verwelktem Laub bedeckt.
© Marcel Glück

Wir untersuchen, wie die genetische Vielfalt von zwanzig verschiedenen Pflanzen- und Tierarten entlang eines Gradienten in der Waldbewirtschaftungintensität variiert. Unser Fokus liegt hierbei auf der Integration vieler Arten, was uns erlauben wird, allgemeine Muster besser zu erkennen. Da Arten, sich in lebensgeschichtlichen Merkmalen unterscheiden, werden wir bei der Interpretation der Ergebnisse den Grad der Nischenspezialisierung, die Ausbreitungsfähigkeit und den Reproduktionsmodus der Arten berücksichtigen.


Probenentnahme

Der erste Schritt unseres Projekts besteht darin, von einer breiten Palette von Pflanzen- und Tierarten Proben für die DNA-Sequenzierung zu entnehmen. Um eine Beziehung zwischen Bewirtschaftungsintensität und genetischer Diversität herstellen zu können, sollten diese Arten häufig und entlang eines Bewirtschaftungsgradienten vorkommen

Wir entnehmen frische DNA-Proben von zehn krautigen Arten, Gräsern und Farnen. Für die Arthropodenproben greifen wir auf bestehende umfangreiche Sammlungen zurück. Wir konzentrieren uns dabei hauptsächlich auf Käfer, die über eine Vielzahl unterschiedlicher Ausbreitungsfähigkeiten verfügen.

Abbildung: Das Foto zeigt einen sonnenbeschienenen winterlichen Wald, über dessen Boden sich eine große Fläche von blühenden Buschwindröschen erstreckt.
© Henri Thomassen

Sequenzierung

Um die genetische Vielfalt abzuschätzen, werden wir die Vielzahl gesammelter Individuen sequenzieren. Dabei werden wir für die Pflanzenproben auf pooled ddRAD (double-digest restriction associated DNA) und für die Arthropoden auf eine ‘low-coverage’ Ganzgenomsequenzierung (WGS) zurückgreifen.


Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf die genetische Vielfalt

Wir werden folgende Hypothesen testen:

  1. Die genetische Vielfalt aller Arten – unabhängig von Ausbreitungsfähigkeit, Reproduktionsmodus oder Nischenspezialisierung – wird durch die Bewirtschaftungsintensität beeinflusst (Abb. 1).
  2. Die Wirkung der Bewirtschaftungsintensität auf die genetische Vielfalt ist bei schlechten Verbreitern / Spezialisten / Selfern stärker als bei guten Verbreitern / Generalisten / Outcrossern (Abb. 1).
Abbildung: Das Schaubild zeigt Informationen zur erwarteten Beziehung zwischen genetischer Diversität und Intensität der Waldbewirtschaftung.
Abb. 1. Erwartete Beziehung zwischen genetischer Diversität und Intensität der Waldbewirtschaftung (FMI), kontrastiert anhand lebensgeschichtlicher Merkmale. Beta-Diversität wird entweder als Unterschied in der Alpha-Diversität (mittleres Panel) oder als Divergenz (FST, rechtes Panel) definiert. Das Polygon im rechten Panel stellt die erwarteten Grenzen einer Punktwolke dar.

Hierzu werden wir die genetische Alpha – und Beta-Diversität mit der Bewirtschaftungsintensität korrelieren. Hierbei ist zu beachten, dass die genetische Vielfalt innerhalb und zwischen den Populationen nicht nur potenziell durch die Bewirtschaftungspraktiken beeinflusst wird, sondern auch durch andere Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Beispiele umfassen inhärente lebensgeschichtliche Merkmale, lokale Umweltbedingungen sowie die strukturelle Vernetzung der Landschaft.

Die Beziehung zwischen genetischer Vielfalt und Artenvielfalt

Obwohl Modelle eine Korrelation zwischen genetischer Vielfalt und Artenvielfalt aufgrund paralleler oder kausaler Effekte vorhersagen, ist die empirische Evidenz aus natürlichen Systemen nur teilweise vorhanden. Wir nehmen an, dass die Bewirtschaftungsintensität beide Ebenen der Diversität beeinflusst, und wir erwarten daher eine stärkere Korrelation entlang von Standorten, die in der Bewirtschaftungsintensität variieren. Wir werden daher die Hypothese prüfen, dass die genetische Vielfalt nur für einige Arten mit der Artenvielfalt in unbewirtschafteten Wäldern zusammenhängt, aber für alle Arten über einen Gradienten der Bewirtschaftungsintensität hinweg.


Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen

Prof. Dr. Oliver Bossdorf
Projektleiter
Prof. Dr. Oliver Bossdorf
Eberhard Karls Universität Tübingen
PD Dr. Henri A. Thomassen
Projektleiter
PD Dr. Henri A. Thomassen
Eberhard Karls Universität Tübingen
Marcel Glück
Mitarbeiter
Marcel Glück
Eberhard Karls Universität Tübingen
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