Pflanzenanreicherung als Test von Umweltfiltern und Nischenkomplementarität in Grünlandgemeinschaften
Ziel dieses Projektes ist die Erforschung der Regeln (assembly rules), die die Zusammensetzung von Grünlandgesellschaften der Exploratorien-Versuchsflächen bestimmen. Mit der Methode der Anreicherungs-Pflanzung werden solche zusätzlichen Pflanzenarten als Jungpflanzen in die Versuchsflächen gepflanzt, die bislang nicht im jeweiligen Bestand vorkommen. Die Experimente haben das Ziel, die Artensättigung von Pflanzengesellschaften zu testen, Vorhersagen auf der empirischen Datenbasis des gemeinsamen Vorkommens von Arten aus der Deutschen Referenz-Vegetationsdatenbank zu prüfen (GVRD, http://www2.biologie.uni-halle.de/bot/vegetation_db/), die Bestandeszusammensetzung der Versuchsflächen im Hinblick auf Ähnlichkeit und Verschiedenheit der Pflanzenmerkmale (traits) zu analysieren und zu testen, inwieweit der Grad der Merkmalsähnlichkeit dem Einfluss von Umweltfilter und Nischenkomplementarität entspricht. Das Projekt berücksichtigt die drei Haupttypen der Grünland-Nutzung (Wiese, Weide, Mähweide) in den drei Exploratoriums-Gebieten.
1. Artensättigung der Pflanzengemeinschaften
Wir prüfen die Hypothese, dass keine der Pflanzengesellschaften innerhalb der drei Landnutzungstypen mit Arten gesättigt ist. Wir erwarten deshalb, dass sich neue Arten in den Flächen etablieren können. Desweiteren erwarten wir, dass sich das Ausmaß der Artensättigung zwischen den einzelnen Gesellschaften unterscheidet und dass dies abhängig ist von a) der Artenzahl der vorhandenen Gesellschaft und b) der Intensität der Landnutzung.
2. Anpflanzung von Arten mit der statistisch höchsten Etablierungswahrscheinlichkeit in dieser Pflanzengemeinschaft
Die deutsche Referenz-Vegetationsdatenbank (GVRD), die vom Vorgängerprojekt „Scaling up“ aufgebaut wurde, wird verwendet, um Auftretenswahrscheinlichkeiten für bisher in den jeweiligen Versuchsflächen fehlende Arten zu berechnen. Die Hypothese wird geprüft, dass diejenigen Arten, die in allen Grünlandtypen Deutschlands am häufigsten gemeinsam mit den Arten der Versuchsflächen vorkommen, diejenigen sind, die sich am besten in den Versuchsflächen etablieren werden.
3. Bestimmung der Rolle von Pflanzenmerkmalen für die Gesellschafts-Zusammensetzung
Basierend auf einer Analyse aller Pflanzenmerkmale (traits) der in den Versuchsflächen vorhandenen und der zusätzlichen möglichen Kandidaten-Arten werden zwei alternative Hypothesen getestet:
3a. Anpflanzung von Arten mit der größten Merkmals-Übereinstimmung zum Bestand
Wir testen die Hypothese, dass zusätzliche Arten, die eine größtmögliche Ähnlichkeit ihrer Merkmale zu den vorhanden Arten der Gemeinschaft aufweisen, den höchsten Etablierungserfolg und die größte Wuchsleistung zeigen. Dies würde den Schluss zulassen, dass die Artenzusammensetzung eines Pflanzenbestandes durch einen starken Umweltfilter bestimmt wird.
3b. Anpflanzung von Arten mit der größten Merkmals-Abweichung zum Bestand
Die alternative Hypothese ist, dass zusätzliche Arten, die in ihrer Merkmale weitestgehend komplementär zu den vorhanden Arten der Gemeinschaft sind, d.h. die abweichendsten Merkmale besitzen, den höchsten Etablierungerfolg und die größte Wuchsleistung aufweisen. Dies würde den Schluss zulassen, dass die Artenzusammensetzung eines Pflanzenbestandes durch Konkurrenzausschluss, also durch biotische Interaktionen, determiniert wird.
Zur Überprüfung der Experimente zu 2, 3a und 3b wird eine Anreicherungs-Pflanzung mit zufälliger Artenauswahl herangezogen.
4. Beziehungen zur Landnutzungs-Intensität
Unter der Annahme, dass Gemeinschaften, die durch Umweltfilter bestimmt werden, eher den Vorhersagen unter 3a folgen, und solche, die durch biotische Interaktionen bestimmt werden, eher denen unter 3b entsprechen, prüfen wir die Hypothese, dass das Ausmaß des Einflusses von Umweltfilter und Nischenkomplementarität der Landnutzungsintensität entspricht. Je intensiver die Landnutzung ist, desto bedeutender sollte die Rolle von Umweltfiltern sein, und desto besser sollten die auf Merkmalsähnlichkeit beruhenden Vorhersagen sein.
Projektstand
Projektstart war im Mai 2011. Während der Vegetationsperiode 2011 wurden von der Doktorandin Eva Breitschwerdt 54 Untersuchungsflächen mit je 8 sub-plots à 1 m2 eingerichtet, auf denen insgesamt 432 detaillierte Vegetationsaufnahmen erstellt wurden. In allen Flächen zusammen konnten insgesamt 197 Pflanzenarten (Höhere Pflanzen) gefunden werden. Von 162 dieser Arten wurden wichtige Pflanzenmerkmale (traits) bestimmt und Blattproben zur weiteren trait-Analyse gesammelt. Von insgesamt 157 potentiellen Kandidatenarten für die Anreicherungs-Pflanzung wurden, getrennt nach den drei Exploratorien-Gebieten, Samen gesammelt. Seit Herbst 2011 hat die Technische Assistentin Ina Reichelt aus den gesammelten Samen im Versuchs-Gewächshaus des Botanischen Gartens der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bisher ca. 5000 Jungpflanzen angezogen. Im Frühjahr 2012 werden diese Pflanzen dann in die 432 Teil-Versuchsflächen gepflanzt und weiter in ihrem Wuchs verfolgt werden.